Kinder hören

09.01.2024

Kinder wollen verstehen, was um sie und mit ihnen passiert und möchten Gelegenheit erhalten, angehört zu werden und ihre Lebensumstände mitzugestalten.

Jedes Kind hat ein Recht darauf, gesund und möglichst sicher aufzuwachsen, angehört und ernst genommen zu werden. Kinder haben bis zur Mündigkeit ein ausgeprägtes Schutzbedürfnis, da sie noch stark abhängig von ihrem Umfeld sind. Sie haben Anspruch auf besondere Fürsorge und Unterstützung [1] 

Diese Rechte sind in der Kinderrechtskonvention der UNO festgehalten (UNO-KRK). Das Recht auf Schutz vor Gewalt, Misshandlung und Verwahrlosung (Artikel 19), soziale Sicherheit (Art. 26), angemessene Lebensbedingungen und Unterhalt (Art. 27) sind weitere Grundprinzipien.

 

In Artikel 12 UNO-KRK heisst es, Kinder sollen ihre Meinung zu allen sie betreffenden Angelegenheiten frei äussern können. Die Meinung des Kindes soll bei Entscheiden entsprechend dessen Alter und Reife angemessen mitberücksichtigt und das Kind entsprechend informiert werden.

 

Artikel 3 UNO-KRK nennt das Wohl des Kindes als vorrangingen Blickwinkel betreffend Massnahmen. Daraus ergibt sich die staatsvertragliche Pflicht der Schweiz zur Kinderanhörung.

Das rechtliche Gehör von Kindern gilt generell für Bereiche, in denen die Interessen der Kinder direkt betroffen sind. Das heisst, für Entscheidungsprozesse, die ihr Leben prägen. So in rechtlichen Verfahren zum Kindesschutz (Art. 314a Zivilgesetzbuch), Verwaltungsverfahren, in den Bereichen Schule sowie Gesundheit. Ebenso bei allen eherechtlichen Verfahren (Art. 298 Zivilprozessordnung, sowie obgenannt Art. 12 der UNO Kinderrechtskonvention).

Kinder können grundsätzlich ab dem 6. Altersjahr Gelegenheit erhalten, an einer Kinderanhörung ihre Wünsche und Bedürfnisse mitzuteilen. Die urteilende Behörde macht sich selbst ein Bild von den Wünschen und Bedürfnissen des Kindes und das betreffende Kind kann sich Gehör verschaffen. Kinder können eine Einladung durch ein Gericht auch ablehnen.

Eltern sind bei einer Anhörung der Kinder nicht dabei. Sie werden danach zusammenfassend informiert. Kinder dürfen bei einer Anhörung auch mitteilen, dass gewisse Aussagen nicht an die Eltern weitergeleitet werden sollen.

Das Kind muss als Persönlichkeit mit eigener Meinung, Anliegen und Wünschen ernst genommen werden und soll das auch spüren. In Bezug auf Fragen wie:

Wie geht es dir? Was ist dir wichtig? Was läuft für dich gut? Was macht dir Sorgen? Was brauchst du?

Eltern sind gemeinsam für die Erziehung und das Wohl ihres Kindes verantwortlich. Gehen sie getrennte Wege, beginnt sowohl für sie als auch für das Kind ein neuer Lebensabschnitt. Ein Kind hat das Recht, Kontakt und eine persönliche Beziehung zu beiden Elternteilen zu pflegen, ausser es ist gegen das Wohl des Kindes (so auch Art. 9 UNO-KRK).

Kinder «hören» heisst hinhören, aber auch spüren, wie es den Kindern geht und was sie brauchen (oder wünschen). Kinder «hören» – Gehör geben, ob durch Eltern oder Behörden, heisst Einfühlungsvermögen zeigen, Aufmerksamkeit geben und respektvoll sein.

Wenn sich Eltern in einer emotional sehr belastenden Phase befinden, wie bei heftigen Paarkonflikten oder eskalierenden Streitigkeiten einer Trennung, können sie den Blick für die Bedürfnisse der Kinder verlieren, da sie mit der Verarbeitung ihrer eigenen Gedanken und Gefühlen beschwert sind. Solche anhaltenden Streitigkeiten sind eine immense Belastung für die Kinder, die sich zwischen den Eltern hin und hergerissen fühlen und meinen Partei ergreifen – oder für die Eltern Verantwortung tragen zu müssen. Kinder geraten in einen sogenannten «Loyalitätskonflikt». Dies kann auffälliges Verhalten oder gesundheitliche Beschwerden zur Folge haben. So können Kinder Gefühle wie Angst, Wut, Schuld, Verschlossenheit oder Trauer entwickeln.

 

Folgende Punkte können helfen, das Wohl der Kinder im Auge zu behalten:

  • Oft wissen und spüren Kinder mehr als Eltern und Umfeld denken. Eine gemeinsame und altersgerechte Information der Eltern ist hilfreich.
     
  • Kinder müssen wissen und spüren, dass beide Elternteile sie nach wie vor lieben und um ihr Wohl besorgt sind. Das beinhaltet auch, dass Kinder beide Elternteile gerne haben dürfen.
     
  • Abwertende Bemerkungen über den anderen Elternteil in der Gegenwart der Kinder sollten unterlassen werden. Das gleiche gilt auch für ein übermässiges Ausfragen über den anderen Elternteil.

Für die Kinder bleibt man Eltern, auch wenn man sich als Paar trennt oder neue Partner dazu kommen. Die Familie erweitert sich - was für das Kind durchaus wertvoll sein kann.

Sich regelmässig direkt mit dem anderen Elternteil austauschen, nachfragen und klären, kann helfen, Missverständnissen vorzubeugen oder diese frühzeitig zu beseitigen. Den Kindern wird eine grosse Last abgenommen, wenn sich Eltern rund um die Kinderbelange einigen können.

  • In solchen Situationen brauchen Kinder Raum und Zeit, auch um über ihre Befindlichkeit sprechen zu können.
     
  • Kinder müssen wissen, dass sie keine Schuld trifft und sie nicht die Verantwortung für Entscheidungen der Eltern übernehmen müssen. Kinder sollen mitsprechen und mitgestalten dürfen. Die Verantwortung für Entscheidungen liegt jedoch bei den Eltern.
     

Kinder haben ein starkes Bedürfnis nach Information. Sie wollen verstehen, was um sie und mit ihnen passiert und möchten Gelegenheit erhalten, ihre Lebensumstände mit konkreten Wünschen oder Verbesserungsvorschlägen mitzugestalten.

Die Konvention über die Rechte des Kindes hält in der Einleitung die Erkenntnis fest: Kinder sollen umgeben von Liebe und Verständnis aufwachsen.

Weitere Informationen zum Thema Kindesanhörung und Rechte für Kinder:

Marie Meierhofer Institut, Broschüren «Die Kindesanhörung – es geht um dich – deine Meinung ist gefragt» für Eltern und Kinder.

 

Die Broschüre des Instituts für Familienforschung & -beratung der Universität Freiburg, «Deine Meinung ist wichtig» / Information für Kinder & Jugendliche zur Anhörung.

«Der kleine Advokat - Juris erklärt dir deine Rechte», ein Ratgeber/Büchlein für Kinder und Jugendliche über Kinderrechte bei einer Trennung oder Scheidung und Kindesschutz.

 

Für Familien in Trennung:

Flyer Familie in Trennung des eff-zett das fachzentrum.

[1] Uno-Kinderrechtskonvention 1989; Die Schweiz hat die Konvention im Jahre 1997 ratifiziert.