Der Weg vom Mädchen zur mutigen Frau

31.01.2025

Wer seine Stärken und seine Grenzen kennt, dem fällt es im entscheidenden Moment leichter, für sich einzustehen.  

Das wirkt sich positiv auf das Wohlbefinden aus. Vielleicht denken Sie jetzt: Ist doch klar, nicht der Rede wert und selbstverständlich. Bitte nehmen sie sich einen Moment Zeit und fragen Sie sich, wann und wie Sie ihre persönlichen Stärken und Grenzen kennengelernt haben.  

Als Opferberaterin habe ich in den vergangenen Jahren Menschen begleitet, deren persönliche Grenzen verletzt wurden. Viele davon, vornehmlich junge Mädchen und Frauen, erlebten Grenzverletzungen durch sexualisierte Gewalt. Die Folgen davon belasten die Opfer oft über Jahre. Sie zweifeln an sich und ihren Stärken und benötigen viel Kraft, um die eingerissenen Grenzen wieder aufzubauen.  

Niemand ist immun dagegen selbst Opfer von Grenzverletzungen zu werden – es kann uns alle treffen! Und trotzdem, wer sich seiner Stärken und Grenzen bewusst ist, ist klar im Vorteil! 

Die eigenen Stärken und Grenzen zu erkennen, ist ein individueller und lebenslanger Lernprozess. Je früher und vielfältiger dieser kultiviert und trainiert wird, umso leichter gelingt die Umsetzung.

 

Die Abteilung Sexual- und Schwangerschaftsberatung von eff-zett das fachzentrum leistet dafür mit dem Angebot der «Mädchenpowerwoche» seit ca. 20 Jahren einen wichtigen Beitrag. Jedes Jahr findet die Mädchepowerwoche während der Frühlingsferien statt. Sie richtet sich an Mädchen im Alter zwischen 11 und 12 Jahren und bietet ein abwechslungsreiches und spannendes Programm. Für Familien, für welche die Kosten von CHF 140.00 eine Hürde darstellen, bietet die Frauenzentrale individuelle Lösungen an. Selbstbefähigung darf keine Frage der finanziellen Möglichkeiten sein und soll allen zur Verfügung stehen.

Ein erklärtes Ziel des Angebots ist, dass die Mädchen ihre eigenen Stärken erkennen. Sie sollen mutig werden, um auch in schwierigen Situationen laut und deutlich die persönlichen Grenzen zu setzen.

Durch das Programm führen eine Mitarbeiterin der Sexual – Schwangerschaftsberatung und eine Selbstbehauptungstrainerin.

Die Mächenpowerwoche ist so aufgebaut, dass zuerst die eigenen Stärken erarbeitet und wertgeschätzt werden. Gezielt werden Selbstwahrnehmung und Selbstakzeptanz in Diskussionen, mit Körperübungen und mit kreativem Können gefördert.

Die Mädchengruppe setzt sich während eines Kurstags mit den körperlichen Veränderungen in der Pubertät auseinander. Nach wie vor ranken sich viele Mythen und Märchen um das Thema Sexualität und körperliche Veränderung. Mit diesen soll aufgeräumt werden. Deshalb gilt auch hier das Motto, wer fragt – der führt.

Die Selbstbehauptung steht drei Tage im Zentrum. Die erfahrene Selbstverteidigungstrainerin führt sorgfältig und mit viel Gespür für die Gruppe durch das Programm. Sie sensibilisiert die Mädchen zum Thema Gewalt. Es geht darum, dass die Mädchen einen Zugang zum Thema finden und sich getrauen mutig zu sein. Das Üben verbaler und körperlicher Selbstverteidigung, sowie das Wissen, wie man sich Hilfe und Unterstützung holt, leistet einen wichtigen Beitrag zur Selbstsicherheit.

Es ist jedes Jahr faszinierend, wie die Mädchen sich auf den Gruppenprozess einlassen. Nachdem die erste Scheu und Zurückhaltung überwunden ist, spätestens ab dem 2.Tag, beginnen sie sich gegenseitig zu bestärken. Sie unterstützen sich und erarbeiten Lösungsansätze für komplexe Probleme, mit denen sie im Alltag zu kämpfen haben. Es entstehen diese Momente, in denen die positive Energie der Gemeinschaft Berge versetzen kann. Das Erkennen gemeinsamer Sorgen und Ängste sowie die Erkenntnis, dass es immer eine Lösung gibt, fördert das Selbstvertrauen. Es werden Freundschaften geschlossen, die über die Mädchenpowerwoche hinaus gehen.

Am Ende der Woche fällt es den Mädchen schwer Abschied voneinander zu nehmen. Die Woche vergeht wie im Flug. Trotzdem überwiegen die positiven Erfolgsmomente und das neugewonnene Wissen über die eigenen Stärken. So manche Erwachsenen könnten sich von dieser achtsamen und wohlwollenden Solidarität der Mädchengruppe eine Scheibe abschneiden. Deshalb bitte ich Sie, liebe Lesende, helfen Sie mit, das Angebot in der Zuger Mädchenwelt zu verbreiten. Fragen zur Mädchenpowerwoche beantwortet Ihnen die Abteilung Sexual- und Schwangerschaftsberatung von eff-zett das fachzentrum gerne jederzeit. Wir wollen so viele Mädchen wie möglich erreichen und zur Teilnahme ermutigen.  

 

Kathrin Gruber, Opferberaterin eff-zett das fachzentrum